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Alternative Bewehrung von Gebäuden – nachhaltige Stahlbetonalternativen

By 26. April 2022No Comments
Nachhaltige Stahlbetonalternativen

Alt „bewehrt“ ist nicht immer gut!

2,8 Milliarden Tonnen. Diese Menge Kohlenstoffdioxid wird jährlich bei der Produktion von Zement emittiert. Acht Prozent der globalen Emissionen des Treibhausgases entfallen auf den Baustoff. Zement ist ein wesentlicher Bestandteil von Beton. Zusätzlich werden für dessen Herstellung die ebenfalls endlichen Ressourcen Sand und Kies verbraucht. Das Bauen mit Beton ist also ein waschechter Klimakiller. Umso wichtiger ist es, dass mit Beton sparsam gebaut wird. Natürlich wären moderne Gebäude in ihrer Größe und Stabilität ohne den Werkstoff nicht denkbar. Aber: insbesondere bei großen Gebäuden, die eine hohe Tragfähigkeit vorweisen müssen, muss Beton zusätzlich verstärkt werden. Dies erfolgt durch eine Bewehrung oder auch Armierung – zumeist aus Stahl. Und genau darin besteht eine weitere Problematik beim Betonbau, denn Stahl rostet. Um einem Stabilitätsverlust vorzubeugen, wird der Stahl deswegen mit möglichst viel Beton ummantelt.

Im Grunde genommen ist dies eine Verschwendung von Ressourcen und verschärft das Problem, mehr Beton im Bau wirkt sich auf das Gewicht aus, sodass eine verstärkte Armierung aus Stahl vonnöten ist, welche mit wiederum mehr Beton vor Korrosion geschützt werden muss. Diesen Teufelskreis gilt es im Sinne des Planeten zu durchbrechen.

Es braucht eine tragfähige Lösung

Die Baubranche ist also sichtlich auf Innovationen angewiesen, denn ein „Weiter so“ gleicht einem Schnitt ins eigene Fleisch. Es lohnt sich insofern, einen Blick auf nachhaltige Alternativen zu bewährten Bewehrungen zu werfen. Denn potenzielle Nachfolger für Stahl werden bereits erfolgreich erprobt. Vielversprechend erscheinen mit einem Blick auf den Entwicklungsstand potenzieller Alternativen vor allem Verbundbetone, die mit Kunstfasern armiert werden. Seit den 1980er-Jahren wird Textilfaserbeton entwickelt und getestet. Kurze Kunststofffasern ersetzen den Stahl. Textilbeton zeichnet sich durch eine filigrane und hochwertige Erscheinung bei gleichzeitiger Druck- und Zugfestigkeit aus. Glasfaserbeton etwa wird in Elementen verbaut, die dann montiert werden. Prominente Beispiele sind das WM-Stadion von Johannesburg und das Motel One am Berliner Alexanderplatz.

Eine weitere äußerst vielversprechende Option hat zuletzt 2016 den deutschen Zukunftspreis gewinnen können: Textilbeton mit einer Armierung aus Carbon. Auch beim sogenannten Carbonbeton ersetzen Kunststofffasern den Bewehrungsstahl. Die Vorteile der Kunstfasern sind unbestritten. Carbonfasern sind extrem flexibel sowie leicht, witterungsbeständig und langlebig. Seine Flexibilität erlaubt sogar geschwungene Betonkonstruktionen. Mit Carbon bewehrter Beton ist im Übrigen wesentlich dichter und stärker als konventioneller Beton. So kommt Carbonbeton auf eine Druckfeste von rund 3.000 N/Qm –Stahlbeton lediglich auf 500 N/qm. Es wird also wesentlich weniger Beton benötigt, um ein Gebäude zu errichten.

Carbon, um den Carbon Footprint des Bausektors zu reduzieren

Das führt auch indirekt zu einer Reduktion der Emissionen des Bausektors. Wenn insgesamt weniger Beton für ein Gebäude benötigt wird, werden insgesamt auch weniger Zement, Sand und Kies sowie Treibstoff für den Transport verbraucht. Warum also werden weiterhin Betonwüsten errichtet und meterdicke Stahlbetonwände hochgezogen? Es liegt wie immer am Geld. Textilbetonarten sind bisweilen noch aufwendig herzustellen, teilweise erfolgt die Produktion gar manuell. Das lässt die Preise steigen. Rechtliche Hürden erschweren einen breitflächigen Einsatz bisher ebenso.

Die Baubranche wird nicht umhinkommen, Innovationen weiter voranzutreiben und selbst Pionierarbeit zu leisten. Potenzial, Emissionen zu reduzieren, besteht etwa, indem Baustoffe wie Textilbeton weiterentwickelt und eine Massenfertigung ökologischer Materialien vorangetrieben wird. Die Politik kann mit Förderprogrammen die Forschung, aber auch den Einsatz von nachhaltigen Baumaterialien unterstützen und gleichzeitig rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, die den Einsatz vielversprechender Materialien erlauben.