Skip to main content
Publikationen

Graue Energie wird beim klimaschützenden Bau zu wenig berücksichtigt

By 18. Juli 2023No Comments
Graue Energie wird beim klimaschützenden Bau zu wenig berücksichtigt

Wir benötigen in Deutschland dringend Wohnraum: Einer Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts ARGE zufolge fehlen in Deutschland aktuell mehr als 700.000 Wohnungen. Vor allem in den Ballungsgebieten haben viele Haushalte Schwierigkeiten, angemessenen und für sie bezahlbaren Wohnraum zu finden. Da vor allem günstige Wohnungen fehlen, fordern viele Sozialverbände eine Bauoffensive. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen plant, den Bundesländern im Zeitraum von 2022 bis 2026 Finanzhilfen in der Höhe von 14,5 Milliarden Euro zu gewähren. Für 2023 stehen 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung, davon erstmals 500 Millionen Euro für die Förderung von Wohnheimplätzen in Auszubildenden- und Studierendenwohnheimen.

Wer Immobilien plant, muss den Klimaschutz im Blick haben
Wer Immobilien fördert oder plant, sollte dabei jedoch die aktuellen Entwicklungen in der Immobilienbranche im Auge behalten. Schon immer galt es, viele rechtliche Vorgaben einzuhalten, und in Zukunft werden ESG-Richtlinien einen noch höheren Stellenwert einnehmen. Zu Recht, denn rund 25 Prozent der CO2-Emissionen und etwa 30 Prozent des Energieverbrauchs entfallen in Deutschland auf den Gebäudesektor.

Gemäß Klimaschutzplan soll der Primärenergiebedarf von Gebäuden bis zum Jahr 2050 um 80 Prozent gegenüber 2008 sinken und im Jahr 2030 soll der Gebäudebestand nur noch 70 bis 72 Millionen Tonnen direkte Emissionen ausstoßen, was eine Minderung um 66 bis 67 Prozent gegenüber 1990 bedeuten würde.

Graue Energie wird als umweltschädigender Faktor zu wenig berücksichtigt
Wenn Akteure der Branche sich mit umweltschonenden Immobilien beschäftigen, dann denken sie aber häufig primär an die Planung energiearmer Neubauten, die den ESG-Kriterien nach ihrer Entstehung entsprechen, etwa durch eine gute Dämmung und den Bezug erneuerbarer Energien. Ein Faktor, der dabei zu wenig Beachtung findet, ist die Tatsache, dass bereits beim Bau neuer Immobilien unglaublich viel Energie verbraucht wir: die graue Energie.

Gemeint ist damit jene Energie, die beim Bauen aufgewendet und verbraucht wird, beispielsweise durch die Gewinnung, Lieferung und Verarbeitung der Baustoffe. Aus diesem Grund sollten klimafreundliche Bauprojekte bereits bei der Auswahl von Baustoffen auf deren ökologischen Fußabdruck achten – und am geringsten ist dieser, wenn das Material von nicht mehr verwendeten Gebäuden weiter genutzt wird.

Sanieren ist häufig umweltschonender als der Neubau
Ökologisch am meisten sinnvoll ist es jedoch, nicht neu zu bauen, sondern bestehende Gebäude nach Möglichkeit zu sanieren. Auf diese Weise können Ressourcen geschont werden, zudem werden Architektenbüros und Baufirmen entlastet.

Damit sich die Sanierung alter Gebäude für Eigentümer rentiert, ist aber auch ein Umdenken hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben gefragt. Umgebaute Bestandsimmobilien müssen in vielen Bereichen denselben ESG-Kriterien entsprechen wie Neubauten – und das ist nicht verhältnismäßig hinsichtlich der grauen Energie, die durch die Instandsetzung eingespart wurde. Schade ist, wenn Eigentümer ihre Gebäude aufgrund zu strenger Vorgaben dann lieber abreißen lassen, anstatt sie zu sanieren, denn auf unser Klima hat das einen negativen Effekt.