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Gründächer und Bienenkörbe: Wie sich Artenschutz in die Immobilie integrieren lässt

By 9. Januar 2023No Comments
Gründächer und Bienenkörbe

Urban Mining, „Cradle to Cradle“, Energiebilanz und Nachhaltigkeitszertifikate – es gibt viele verschiedene Ansätze, um Gebäude „grüner“ zu machen. Die schädlichen Auswirkungen einer Immobilie auf das Klima sollen möglichst geringgehalten, wenn nicht sogar ganz auf null reduziert werden. Nicht immer sind Unternehmen dabei von dem Willen getrieben, der Umwelt etwas Gutes zu tun. Oft wollen sie lediglich ihren Energieverbrauch und damit ihre Nebenkosten senken oder sie müssen gesetzliche Auflagen erfüllen.

Ohne Insekten keine Landwirtschaft
Und so essenziell diese Ansätze sind: Wenn es darum geht, unseren Planeten auch für künftige Generationen in einem bewohnbaren Zustand zu erhalten, gehört zum Klimaschutz der Artenschutz untrennbar dazu. Schließlich sollen auch kommende Generationen noch die gleiche Tierwelt und Artenvielfalt erleben können wie wir. Ganz davon abgesehen, dass eine vielfältige Tierwelt essenziell für die Natur ist, wie wir sie kennen. Ohne die Bienen können schließlich Bäume nicht mehr bestäubt werden und der Mensch muss es übernehmen – in China ist das in Teilen bereits notwendig.

Ohne Bienen hätten wir nicht nur keinen Honig mehr – das weltweite Bienensterben hat noch viele weitere fatale Folgen. Nach Angaben des NABU verdanken wir in Deutschland jährlich zwei Millionen Tonnen Äpfel, 360.000 Tonnen Birnen und 250.000 Tonnen Kirschen der Fremdbestäubung durch Bienen. Die Naturschützer verweisen weiterhin darauf, dass gemäß einer internationalen Studie Pflanzen besonders viele Früchte und Samen hervorbringen, wenn sie von möglichst vielen unterschiedlichen Arten von Insekten bestäubt werden, darunter Wildbienen, Fliegen, Käfer und Schmetterlinge. Das verdeutlicht: Eine ertragreiche Landwirtschaft ist ohne Artenvielfalt nicht denkbar.

Für mehr Artenschutz: Bienenkörbe an Gebäuden
Wer daher etwas für die Biodiversität tun will, kann das auch im urbanen Raum: Auf Dächern lassen sich Bienenstöcke anlegen und Bienenvölker ansiedeln, die daraufhin nicht nur Honig produzieren, sondern die Pflanzen in der Umgebung bestäuben. In Berlin setzt sich etwa die Initiative „Berlin summt!“ für die Artenvielfalt in der deutschen Hauptstadt ein. Mit ihrer Strategie zur biologischen Vielfalt wollen die Aktivisten die Stadtnatur Berlins schützen und fördern.

Daran beteiligt sich auch die Politik: Seit 2011 befinden sich Bienenstöcke auf dem Dach des Berliner Abgeordnetenhauses – ebenso auf weiteren öffentlichen Gebäuden wie dem Jagdschloss Grunewald, dem Berliner Dom, dem Haus der Kulturen der Welt (Kongresshalle) und dem Rathaus Marzahn-Hellersdorf. Mit der Aktion wollen die Parlamentarier darauf hinweisen, dass es immer weniger Berufsimker gibt, ebenso wie auf die generell schwierige Lage der deutschen Bienenvölker.

Die wortwörtlich „grüne“ Immobilie
Doch man kann eine Immobilie auch im wahrsten Sinne des Wortes grüner machen – indem man Bäume pflanzt oder andere Grünflächen anlegt – egal ob vor, neben, zwischen, an oder auf Gebäuden. Auf diesen Flächen sollen sich verschiedene Pflanzenarten ansiedeln und wachsen können sowie Insekten und Vögel angezogen werden. Oft werden diese Flächen nicht getrimmt, sondern nach der Anlegung „wild“ belassen, damit sich Tiere und Pflanzen frei entfalten können. Werden diese Bereiche nachts nicht beleuchtet, bieten sie auch nachtaktiven Tieren, etwa Fledermäusen, einen Schutzraum.

Zusätzliche Grünflächen, vor allem in urbanen Ballungszentren, haben aber noch weitere Vorteile: So sorgen natürliche Flächen etwa für ein besseres Klima rund um die Immobilie, was Bewohnern und Mitarbeitern zugutekommt. Gleichzeitig kann mit einer Dach- oder Fassadenbegrünung auch die Wärmedämmung – und damit die Energiebilanz eines Gebäudes – verbessert und CO2 eingespart werden. Apropos CO2: Zusätzlich gepflanzte Bäume können freigewordenes Kohlendioxid in der Umgebung binden und so direkt die Luftqualität im Umfeld verbessern.

Arten- und Naturschutz schon vor dem Bau bedenken
Mit gesetzlichen Vorgaben sind vor allem Projektentwickler hauptsächlich vor dem Start der Bauarbeiten beschäftigt – sowohl beim Neubau als auch bei Umbauten, Sanierungen oder beim Abriss. Das typischste Beispiel, wie Artenschutzvorgaben einem Projekt Schwierigkeiten bereiten können, ist, wenn an oder nahe der geplanten Baustelle besonders gefährdete Tierarten leben, die durch die Arbeiten gestört oder sogar vertrieben werden könnten. In einem solchen Fall wird der Fortschritt eines Bauvorhabens zumindest ausgebremst, wenn er nicht sogar komplett zum Erliegen kommt.

Dass und wie sich solche Konflikte lösen lassen, zeigt ein Papier aus den baden-württembergischen Wirtschafts- und Umweltministerien. Auch wenn das Dokument naturgemäß auf dem Landesrecht Baden-Württembergs basiert, kann der Handlungsleitfaden auch bundesweit zumindest als Vorlage dienen, sofern er, wo nötig, an die im jeweiligen Bundesland gültige Rechtslage angepasst wird. Soll etwa ein Gebäude saniert werden, in dem Vögel oder Fledermäuse nisten, werden an bereits sanierten Gebäuden oder Gebäudeteilen Nisthilfen angebracht, um die Tiere wegzulocken.

Zertifikate für Artenvielfalt
Zertifizierungen, die einem Gebäude bescheinigen, dass es einen bestimmten Nachhaltigkeitsstandard erfüllt, gibt es inzwischen reichlich – ob das deutsche DGNB-Siegel, das britische BREEAM-Zertifikat oder die US-amerikanische LEED-Prämierung. Doch es gibt inzwischen auch Gebäudezertifizierungen für einen ausreichenden Fokus auf Artenvielfalt. So vergibt der International Biodiversity & Property Council IBPC (CIBI) aus Frankreich etwa das Label „Biodivercity“ an Bauvorhaben, die Rücksicht auf die Biodiversität nehmen. Langfristig soll so das Verhältnis vom Menschen zur Natur im Immobiliensektor gefördert werden.

Projekte in Wiesbaden, Offenbach und Hannover – die DKW AG geht mit gutem Beispiel voran
Auch die DKW AG beschäftigt sich mit dem Thema Artenschutz und Immobilien intensiv. Bienenkörbe und Gründächer sind bei vielen aktuellen DKW-Projekten geplant, darunter das Bürogebäude „Merkant“ in Wiesbaden, das derzeit als Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine dient. Gleiches gilt für die Bürokomplexe „THE STACKS“ in Offenbach und „track16“ in Hannover sowie für die „EilersWerke“ – ebenfalls in Hannover. Dieses ehemalige Industrieareal wird zu einem nachhaltigen Quartier entwickelt.