Mit ökologischen Dämmstoffen nachhaltig dämmen
Bislang kommen wir in Deutschland nicht umhin, unsere Gebäude zu dämmen, vorrangig begründen dies gesetzliche Vorschriften. Für Neubauten, aber auch für Bestandsobjekte, bei denen im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen mehr als zehn Prozent der Bauteile erneuert werden, sind Dämmmaßnahmen verpflichtend. Dies ist im Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgeschrieben, welches für Verstöße empfindliche Geldstrafen vorsieht. Zum anderen aber ist dies auch den bisweilen kalten Wintern hierzulande geschuldet. Tatsächlich ermöglicht ein gut gedämmtes Gebäude ein angenehmes Raumklima, eine höhere Energieeffizienz und somit niedrigere Heizkosten. Insbesondere in Zeiten deutlich steigender Energiepreise.
Gerade mit Blick auf die Energieeffizienz kommt dem Bausektor eine große Verantwortung zu. Noch immer zählt die Bauindustrie zu den größten Treibern schädlicher Emissionen, die zur Erderwärmung beitragen. Weltweit sind etwa 50 Prozent aller CO2-Emissionen auf die Branche zurückzuführen. Die Diskussion um geeignete Dämmstoffe ist übrigens keineswegs neu. Das Asbestverbot von 1993 zwang den Bausektor, einen breitflächig und massenhaft eingesetzten Baustoff zu substituieren. Die Suche nach geeigneten Dämmstoffen für Gebäude läuft nicht erst seit der nachweisbar gesundheitsschädlichen Wirkung von Asbest. Ging es damals noch um das persönliche Wohlbefinden, sollte der Fokus nun auf der Gesundheit des Planeten liegen.
Eine mittelmäßige Lösung
Die Lösung für das „Asbest-Problem“ war schnell gefunden: Polystyrol. Ein Kunststoff, der aufgeschäumt besser unter dem Namen Styropor bekannt ist und in der Bauwirtschaft – in Platten gepresst – flächendeckend als Dämmstoff Verwendung findet. Polystyrol ist leicht und äußerst günstig herzustellen, der Quadratmeterpreis liegt zwischen sechs und zehn Euro. Vor allem aber ist der Kunststoff für den Menschen unbedenklich, er findet Verwendung in Lebensmittelverpackungen und eben in unseren Gebäuden. Für die Umwelt aber wird der Kunststoff gemäß der REACH-Verordnung des Umweltbundesamts als „besonders besorgniserregend“ eingestuft. Das liegt vor allem daran, dass das Material nicht abgebaut wird. Zwar ist der Stoff in der Theorie recyclingfähig, praktisch aber ist dies, wie bei allen Kunststoffen, nur bei einer sortenreinen Trennung möglich. Styropor-Dämmplatten werden häufig mit Klebstoffen an der Fassade angebracht. Dadurch lässt sich das Material nicht sortieren und der Stoff kann keinem neuen Zyklus zugeführt werden.
„Back to the roots“ – das Comeback der natürlichen Dämmstoffe
Hieraus folgt ein Paradigmenwechsel, den der Bausektor nun dringend benötigt. Konkret: Die ökologische Effizienz eines Gebäudes sollte künftig Vorrang vor wirtschaftlichen Faktoren haben. Insbesondere mit Blick auf die Dämmwerte wurden inzwischen vielfältige nachhaltige Alternativen gegenüber zwar bewährten, aber umweltschädlichen Dämmstoffen wie Styropor oder Mineralwolle erprobt. Ein Comeback der natürlichen Stoffe – bereits in der Bronzezeit wurde mit Schilf und Stroh gedämmt – ist somit unabdingbar. Die erzielten Dämmwerte waren übrigens mit heutigen vergleichbar.
Natürliche Dämmstoffe wie etwa Zellulose, Hanf, Seegras oder Holzweichfasern könnten den Baustoff Styropor obsolet machen. Auch Rohrkolben, Schafwolle und sogar Pilzmyzel sind aufgrund ihrer Wärmeleitfähigkeit hervorragend geeignet, um Immobilien zu dämmen. Nachhaltige Baustoffe überzeugen indes nicht nur durch sehr gute Dämmwerte. Viele ökologische Materialien zeichnen sich zudem durch eine gute Feuchtigkeitsregulierung, Formstabilität und die Schaffung eines angenehmen Raumklimas aus, da sie diffusionsoffen und kapillaraktiv sind. Vor allem sind die Dämmstoffe biologisch abbaubar und regenerativ. Sie sind zudem problemlos in Einfamilien- und kleinen Mehrfamilienhäusern einsetzbar, lediglich in Gebäuden mit erhöhten Brandschutzanforderungen lassen sich die Stoffe noch nicht ohne Weiteres nutzen.
Oft stellt sich in vielerlei Hinsicht die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Besorgniserregende Stoffe wie Styropor sind vergleichsweise günstig herzustellen, natürliche Werkstoffe hingegen sind, auch aufgrund der mangelnden Massenproduktion, oftmals wesentlich teurer. So kostet ein Quadratmeter Dämmstoff aus Hanf zwischen neun und 32 Euro pro Quadratmeter. Eigentümer ebenso wie Mieter stellen sich natürlich die Frage der Bezahlbarkeit, hierbei könnte die KfW noch stärker einspringen und entlasten. Denn im Endeffekt bedarf es einer Kalkulation, welche Kosten stärker wiegen – die Mehrkosten beim Gebäudebau oder jene, die durch den ungebremsten Klimawandel entstehen.