Skip to main content
Publikationen

Circular Economy in der Bauwirtschaft

By 14. September 2022No Comments
Circular-Economy-in-der-Bauwirtschaft

Wir nutzen schon jetzt mehr Ressourcen als für einen lebenswerten Planeten tragbar ist. Das lineare Geschäftsmuster des Bauwesens – vom Abbau der Rohstoffe über den Bau und die Nutzung von Gebäuden bis zum minderwertigen Recyceln im Straßenbau oder Entsorgen auf der Deponie – erfordert dringend ein Umdenken. Ressourcen lassen sich kaum effizienter schonen als durch die Sanierung und Weiternutzung bestehender Gebäude. Häufig wird vergessen, dass bei einer Sanierung nicht nur Energie, sondern auch Material im Vergleich zu einem Neubau gespart wird.

Durch den zunehmenden Konsum und das Bevölkerungswachstum werden die Ressourcen immer knapper, die Umweltprobleme verschärfen sich stetig und die globale Ungerechtigkeit nimmt drastisch zu. Es braucht daher eine neue Art des Wirtschaftens – auch in der Immobilienbranche. Circular Economy lautet das Stichwort. Von diesem Begriff ist in den vergangenen Jahren immer öfter die Rede gewesen. Dem DGNB-Report zum Thema Circular Economy zufolge basiert die Circular Economy auf den drei Prinzipien der Ellen MacArthur Foundation: endliche Ressourcen zu wertschätzen und deren Bestände und Stoffströme zu kontrollieren; Rohstofferträge zu erhöhen, indem Kreisläufe geschlossen werden, wobei die höchstmögliche Wertigkeit der Rohstoffe stets erhalten bleibt; dabei externe Folgen für Mensch und Umwelt konsequent einzubeziehen.

Weg vom linearen Wirtschaften im Bauwesen

Für das Bauwesen bedeutet das konkret, dass nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip alle Produkte bereits im Design- und im Herstellungsprozess so gestaltet werden, dass alle Inhaltsstoffe chemisch unbedenklich, sortenrein trennbar und demontierbar sind. Statt Gebäude am Ende ihres Lebenszyklus zu entsorgen, wird der Bestand immer häufiger als eine zentrale Quelle für Rohstoffe in Betracht gezogen. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom „Urban Mining“ – dem Gewinnen von Rohstoffen aus vorhandener städtischer Bausubstanz.

Ein Gebäude kann aber nur dann ökologisch und ökonomisch abgerissen und demontiert werden, wenn man es auch recycelbar gebaut hat, wie ein Bericht des Zukunftsinstituts zeigt. Ein Beispiel für ein solches Gebäude ist das „Braunstein Taphouse“ in Dänemark. Das aus Holz bestehende Mikrobrauerei-Café, das gleichzeitig als Veranstaltungsraum und Besucherzentrum dient, wurde von Adept Architects für eine begrenzte Lebensdauer entworfen und nur mit mechanischen Verbindungselementen und ohne Malerarbeiten gebaut, um das Recycling zu erleichtern.

Recycling – lang- und kurzfristig

Die Recycelbarkeit ganzer Gebäude ist jedoch eher langfristig gedacht. Dringlicher brauchen wir jedoch kurzfristige Lösungen wie das Recycling von Beton und anderen Materialien. Der Baumaschinenhersteller Rubble Master etwa verkauft mobile Brechanlagen, die Bau- und Abrissabfälle vor Ort auf der Baustelle zerkleinern. Diese können dann noch auf derselben Baustelle zum Auffüllen von Kellergruben oder für Bodenbeläge wiederverwendet werden. Dadurch wird nicht nur Geld für neue Materialien eingespart, sondern auch Kosten und CO2-Emissionen für deren Antransport und für den Abtransport der Abrissmaterials.

Dass es bereits heute möglich ist, kreislauffähig zu bauen, beweist das erste Cradle-to-Cradle-Wohngebäude Deutschlands: das „Moringa“ in der Hamburger HafenCity. Mindestens 50 Prozent des Gebäudes sollen aus kreislauffähigen Materialien bestehen. Auch alle anderen Bauprodukte werden auf ihre Nachhaltigkeit und Wirkung auf die Gesundheit und die Umwelt geprüft und optimiert. Zudem ist am und auf dem Gebäude so viel Grünfläche vorgesehen, wie durch die Immobilie bebaut wird.

Der Deutschen Bundesstiftung Umwelt zufolge wird die Defossilierung – und damit die notwendige Transformation unseres Energiesystems – bis 2045 ohne eine fundamentale Ressourcenwende nicht funktionieren. Das Bauwesen verursacht einen großen Anteil der Stoffströme und mehr als 50 Prozent des jährlich anfallenden Abfalls. Daher liegen in diesem Sektor durch die Kreislaufschließung große Potenziale zur Steigerung der Ressourceneffizienz. Derzeit machen rasante Preissteigerungen im Rohstoffsektor durch die weltweite Bautätigkeit und entsprechende Nachfrage, aber auch zunehmende Umweltprobleme ein konsequentes Umdenken und Umsteuern in Richtung Circular Economy notwendiger denn je.