Skip to main content
Publikationen

Mixed-Use-Immobilien – wie die gemischte Gebäudenutzung den Weg in die Zukunft weist

By 18. Oktober 2022No Comments
Mixed-Use-Immobilien

Mehrere Nutzungsformen in einem einzigen Gebäude kombinieren: Das ist der Ansatz von sogenannten Mixed-Use-Immobilien. Diese Assetklasse ist in Deutschland noch recht unbekannt, während sie in anderen Ländern, darunter den Vereinigten Staaten, schon seit Längerem weit verbreitet ist.

Der Name lässt schon erahnen, was diese Mixed-Use-Immobilien ausmacht: Statt sich auf eine einzige Art der Nutzung zu konzentrieren – etwa ausschließlich Büros oder ausschließlich Wohnungen –, vermischen sie verschiedene Lebensbereiche in einem einzelnen Gebäude. Dort sind dann etwa Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Fitness, Gastronomie, Kultur und/oder Weiterbildung unter einem Dach möglich. Will man dann vom Büro ins Restaurant, braucht man nur die Etage zu wechseln. Auch wenn viele bunte Mischungen möglich sind, überwiegt in der Regel eine Nutzungsform im Gebäude – meistens sind das Wohnungen oder Büroflächen.
Mixed-Use-Immobilien befinden sich meist in Metropolregionen in zentraler Lage. Der Grund ist einfach: Dort ist Bauland teuer und knapp. Projektentwickler sind also angehalten, sparsam mit dem verfügbaren Platz umzugehen. Für Investoren bringt das handfeste Vorteile mit sich: Mixed-Use-Ansätze erlauben eine ökonomische Nutzung der begrenzten Flächen – in mehr als nur einer Hinsicht. Der vorhandene Platz wird so effizient wie möglich genutzt. Gleichzeitig wird mit den unterschiedlichen Nutzungsformen das Risiko gestreut. Da die Immobilie nicht einseitig genutzt wird, lassen sich Schwankungen an den Märkten vermeiden und Leerstände möglichst geringhalten. Sollte eine der Nutzungsarten kriseln, ist nicht die gesamte Immobilie davon betroffen.

Es gibt unterschiedliche Bauarten für Mixed-Use-Immobilien. Hochhäuser als vertikale Nutzung, wie man sie aus den USA kennt, findet man hierzulande selten. Doch man muss nicht gleich so hoch bauen: Sowohl in München am Dantebad in der Nähe des Olympiaparks als auch in Köln (Projekt Magnus 31) finden sich etwa Mixed-Use-Projekte, in denen neue Wohnungen direkt über einem Parkhaus entstehen. Der Vorteil: Es wird zentral neuer Wohnraum geschaffen und die Parkplätze für die Bewohner sind schon vorhanden. Die gemischten Nutzungen lassen sich anstatt in der Vertikalen auch in der Horizontalen umsetzten. So etwa das „Harbr. Boardinghaus Ludwigsburg“, das Serviced-Apartments mit Studentenwohnungen und einem Parkhaus kombiniert. Horizontale und vertikale Konzepte lassen sich auch untereinander vermischen, wie zum Beispiel das Hotel „25 Hours Bikini Berlin“ am Zoologischen Garten in Berlin zeigt. Das Hotel ist Teil des Bikini-Einkaufzentrums und beinhaltet selbst eine hauseigene Bäckerei, eine Bar und ein Restaurant.

In einer ganz anderen Größenordnung werden in der Hamburger HafenCity Mixed-Use-Konzepte umgesetzt. Dort finden sich neben der berühmten Elbphilharmonie gleich mehrere Quartiere. In der Entwicklung befindet sich derzeit das Elbbrücken-Quartier, das zudem als Beispiel für Campus-Mixed-Use-Konzepte gelten kann. Dort entstehen neben Miet- und Eigentumswohnungen auch ein Studentenwohnheim, eine Kindertagesstätte sowie Flächen für Gastronomie und Gewerbe. Die HafenCity zeigt zudem: Die einzelnen Arten von Mixed-Use-Immobilien lassen sich auch untereinander kombinieren.

In Sachen Nachhaltigkeit lässt sich mithilfe von Mixed-Use-Konzepten einiges erreichen. Denn wenn Wohnen, Arbeiten und Freizeit in ein und demselben Gebäude untergebracht sind, können die Nutzer aufgrund der kurzen Wege nicht nur Zeit, sondern auch CO2 sparen. Befindet sich etwa das Fitnessstudio nicht am anderen Ende der Stadt, sondern im selben Gebäude wie der Arbeitsplatz, muss ein Nutzer gar nicht erst in sein Auto einsteigen. Mixed-Use-Immobilien können also nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische Vorteile vorweisen. Das macht diese Assetklasse äußerst zukunftsweisend, da mit ihr die Herausforderungen der Stadt von morgen konsequent angegangen werden.

Selbst wenn nicht neu gebaut werden soll oder kann: Mixed-Used-Konzepte lassen sich auch hervorragend in bereits bestehenden Gebäuden, beispielsweise in älteren oder nicht mehr genutzten Kaufhäusern, realisieren. Natürlich ist Mixed-Use nicht gleich Mixed-Use und die unterschiedlichen Nutzungsformen müssen sinnvoll miteinander kombiniert werden. Was dabei am besten wie miteinander vermischt wird, hängt ganz vom Standort und von den Bedürfnissen der Nutzer vor Ort ab.

Das hält auch eine aktuelle Studie von PwC fest. Die Analysten sehen großes Potenzial vor allem in leerstehenden Warenhäusern in Deutschland. 88 Prozent dieser Gebäude stehen demnach in zentraler Lage und bei 91 Prozent von ihnen sei ein „erfolgversprechendes Mixed-Use-Konzept bauplanungsrechtlich möglich“. Typische Mischformen sind dem Bericht zufolge Einzelhandel, Gastronomie, Büro und Wohnen. Zudem ließen sich aber auch standortspezifische Nutzungen umsetzen, je nach den lokalen Bedürfnissen.

Abgesehen von den hart umkämpften zentralen Lagen in den Metropolen gibt es noch andere Areale, in denen Mixed-Use-Immobilien eine Rolle spielen können. In den Vororten der größeren Städte und in ländlicheren Regionen lassen sich mit einem Mixed-Use-Ansatz die Anforderungen von jungen Menschen, Familien und Senioren in einem einzelnen Gebäude erfüllen. Für ältere Menschen lassen sich Konzepte zum barrierefreien Wohnen in den unteren Etagen umsetzen, während Berufstätigen in den oberen Stockwerken etwa Coworking-Spaces angeboten werden können. Mixed-Use-Immobilien können auf diesem Wege auch sozial nachhaltig sein: In einem Gebäude können Wohnungen für alle Bedürfnisse angeboten werden, kombiniert mit Coworking-Spaces und einer Kita für junge Familien.

In vielen – vor allem kleineren – Städten kann mithilfe von Mixed-Use-Konzepten auch den Leerständen in den Innenstädten entgegengewirkt werden. Ein großes Problem, das auf Fußgängerzonen und Einkaufsstraßen zukommt. Schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie hatte der Online-Handel dem herkömmlichen Einzelhandel vor Ort schwer zu schaffen gemacht. Diese Tendenz hat sich in einer Welt, die mit dem Virus leben muss, noch weiter verstärkt. Die gegenwärtige Energiekrise und die Inflation setzen kleinen und mittelständischen Unternehmen noch mehr zu.

Was hält Investoren und Entwickler hierzulande von einer Umsetzung von Mixed-Use-Konzepten ab? Es sind größtenteils die Kosten. Ein Gebäude auf eine einzige Nutzungsform zuzuschneiden, ist in der Regel günstiger. Dass und wie sehr sich Investitionen in Mixed-Use-Immobilien lohnen können, zeigt eine Forschungsarbeit aus dem Jahr 2020. Vanessa Piller aus München hat in ihrer Abschlussarbeit untersucht, wie rentabel gemischt genutzte Hochhäuser – die sie auch als „hybride Immobilien“ bezeichnet – sind. Das Ergebnis: Investitionen in gut durchmischte Immobilien lohnen sich, vor allem in teuren Lagen. Am Beispiel des Stadtquartiers „Schwabinger Tor“ in München hat Piller bei breiter Mischung einen 2,3 Millionen Euro höheren Ertrag errechnet im Vergleich zu einer einseitigen Nutzung.